Presseerklärung

In Süddeutschland ist mit Windkraft keine klimafreundliche Stromversorgung möglich!

Wärend das Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung ( DIW ) die Möglichkeit einer Vollversorgung Deutschlands mit 100 Prozent erneuerbaren Energien beschwört (70% Anteil Windenergie), treten jetzt die Realisten auf den Plan und fordern bis zu 400 neue Gaskraftwerke. Diese sollen den weiteren Ausbau der Windkraft erst ermöglichen indem sie die riesigen Schwankungen von Wind-und Solarkraft ausgleichen. Letztlich wird eine fast vollständige Elektrifizierung der Volkswirtschaft inklusive Verkehr und Heizung angenommen. Und immerhin:

Deutschland ist mit über 30.000 Windkraftanlagen Vorreiter in Europa. Faktum ist allerdings auch: Windkraft löst sich in Deutschland bisweilen in Luft auf. Bei Windflauten geht die Ausbeute immer wieder bis auf 2 % der Nennleistung zurück, Im schlimmsten Falle zwei Wochen lang, wie zuletzt Anfang 2017.

 

Warnungen kommen auch von Wolfram Wellßow (siehe Artikel im Anhang), Professor für Energiesysteme an der TU Kaiserslautern. Sein Institut betreibt Forschung an unseren zukünftigen Stromnetzen. Unter dem Titel” Bange vor dem Blackout”, nahm der Experte kürzlich Stellung zu Ausfällen in der Energieversorgung:

„Das wäre im Fall einer großräumigen Dunkelflaute, wenn über längere Zeit die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, gut möglich. Unsere Importkapazität beträgt ohnehin nur 13 Gigawatt, unsere derzeitige Höchstlast aber 80 Gigawatt, Tendenz steigend. Darum brauchen wir selbst eine konventionelle Reserve etwa in Höhe von 120 Gigawatt, der Spitzenlast, die wir künftig erwarten. Ökonomisch wie ökologisch am sinnvollsten wären Gaskraftwerke, selbst wenn das Erdgas aus Russland kommt.“

 

Das sind ganz andere Töne. Wir brauchen also zu unseren angeblich alles versorgendenErneuerbaren Energieträgern , zusätzlich Gaskraftwerke in der Größenordnung von 120 Gigawatt . Durchschnittlich wird im Moment ca. 70Gigawatt im deutschen Stromnetz bereitgestellt. Das wäre fast 2 mal der deutsche jetzige Strom.

Das sind 120x der Block 9 des GKM Mannheim. Oder am Beispiel eines typischen zukünftigen Gaskraftwerks. Ein solches wird gerade In Biblis als Gaskraftwerk der Zukunft geplant: mit einer Leistung von 0,3 Gigawatt. Wäre das die typische Größe? Dann bräuchten wir 400 solcher Anlagen.

 

100% “Erneuerbar” klingt jetzt ganz anders. Im Übrigen und entgegen unkritischer Behauptungen, ist Gaskraft in der Klima-Bilanz kaum besser als Steinkohle und steht im Moment deshalb auf dem Prüfstein. Sollten im Zuge der Energiewende nicht beide fossilen Energieträger verschwinden? Angesichts der Unsicherheit der Windkraft, soll die Gaskraft nun im Hintergrund die konzeptionelle Lücke schließen, um weitere Windkraftanlagen bauen zu können und um unsere Netze und Versorgungssicherheit nicht in Gefahr zu bringen.

Für die Masse der Windräder, die in Süddeutschland gebaut werden sollen, sieht die Klimabilanz schlecht aus. Wir reden über eines der windärmsten Gebiete Europas. Über den sinnvollen Betrieb einer Windkraftanlage entscheidet allerdings fast ausschließlich der Standort. Die Windleistung wächst in der dritten Potenz zur Windgeschwindigkeit. Die Verdopplung der Geschwindigkeit ergibt folglich die 8-fache Windleistung. D.h. man muss in Baden-Württemberg ein Vielfaches an Windrädern hinstellen, um die Ausbeute einer Anlage mit gutem, windreichem Standort zu erzielen. In Hüttenfeld bei Lampertheim wurden bei Windmessungen in 120 Metern Höhe gerade mal 4,9 Meter pro Sekunde gemessen. Daraufhin wurden die Planungen dort abgebrochen. An sehr vielen Tagen war zudem völliger Stillstand angesagt.

Für die Gaskraftunterstützung heißt das, dass sie in Süddeutschland für mehr als zwei Drittel Unterstützung sorgen muss, um zusammen mit der süddeutsche Windkraft ein gleichmäßiges Stromangebot bereitzustellen . Wir brauchen also in Zukunft 2 Anlagentypen, um ein Steinkohlekraftwerk zu ersetzen: Das Windrad, das einige Jahre laufen muss, bis es das durch seine Herstellung angefallene CO2 ersetzen konnte. Das Gaskraftwerk, das mit seinem CO2-Ausstoss nicht viel besser ist als Steinkohle. Wo soll der entscheidende Vorteil gegenüber unserem steinkohlebefeuerten Großkraftwerk sein?

 

Ein zusätzlicher Nachteil der neu geplanten Gaskraftwerke wurde noch gar nicht erwähnt. Es handelt sich um sog. Offene Gaskraftwerke. Dieser Anlagentyp verfügt über keine Kraft-Wärmekoppelung. Die Abwärme wird in die Atmosphäre geblasen. Im Gegensatz hierzu, liefert unser Steinkohle-Großkraftwerk ein Drittel seiner Energie als Abfallprodukt in Form der Fernwärme. Das geplante Gaskraftwerk in Biblis bläst 600 Grad heiße Abwärme in den Himmel. Ein klima- und umweltpolitischer Rückschritt. Hiermit ist meinerAnsicht nach jeder angebliche CO2-Vorteil dahin. Im Gegenteil: wir schließen eine Verschlechterung gegenüber dem aktuellen Zustand nicht aus.

Ein klimapolitischer Vorteil lässt sich mit diesem Konzept der Erneuerbaren Stromerzeugung in Süddeutschland nicht erkennen. Wenn also Mannheim seinen Strom 2050 aus diesem Netz bezieht, wird dieser alles andere als klimaneutral sein.

 

Unter diesen Vorrausetzungen, bin ich gegen eine Schließung des Großkraftwerks Mannheim. Es soll, wenn keine sinnvolleren Energieerzeuger zur Auswahl stehen, seine geplante Zeit am Netz bleiben. Gleichzeitig sollte der Bau von zehntausenden Windrädern in Süddeutschland gestoppt werden.

 

Übrigens. Da die geplanten Gaskraftwerke nicht die ganze Zeit laufen, müssen sie genau wie die Windkraft, stark subventioniert werden. Über die Netzentgelde unserer Stromrechnung werden diese Beträge eingezogen. Mit Marktwirtschaft hat diese Vergütungsartgsart wieder nichts zu tun. Der sogenannte Kapazitätsmarkt bezeichnet ein Element des Strommarktes, bei dem ein Handel nicht mit verbrauchter Strommenge, sondern bereitgestellter Leistung stattfindet. Dadurch erhalten Erzeuger Geld unabhängig davon, ob eine Einspeisung weniger oder keinen Strom realisiert. Im Februar 2020 erhielten mehrere solcher Blöcke (alle Erdgas) in einer Ausschreibung der Übertragungsnetzbetreiber einen Zuschlag über 1.056 Megawatt. Die Reserveleistung ist für zwei Jahre vom 1. Oktober 2020 bis zum 30. September 2022 zu erbringen. Die Kraftwerksbetreiber erhalten dafür 68.000 Euro pro Megawatt und Jahr. Ein risikoloses neues Kerngeschäft für RWE und co.
Wir stehen erst am Anfang dieser Entwicklung, beziehen aber bereits heute den teuersten Strom der Welt. Für Symbolpolitik, nur um einen parteipolitischen grünen Sieg zu verbuchen, zahlen Verbraucher einen hohen und in Zukunft einen noch höheren Preis. Gleichzeitig sollen zigtausend Windräder die schönsten Landschaften zerstören, Waldflächen gerodet werden, Vögel und Fledermäuse töten, Insekten in großen Mengen vernichtet, Menschen durch zu geringe Abstände geschädigt werden, sei es durch Schall, wie auch durch Infraschall. Es entstehen Schäden, für Mensch und Natur, die in Geld nicht mehr zu bemessen sind. Und für die Klimapolitik lautet der letztendliche Slogan: Außer Spesen nichts gewesen.

 

Im Falle einer Abschaltung des GKM, ist die Fernwärmeversorgung ebenfalls nur zu 2 Dritteln mit Gaskraft zu meistern. Unsere Beurteilung hierzu steht noch aus. Jedoch wird eines immer klarer. Mit den uns zur Verfügung stehenden momentanen technischen Mitteln werden wir keine nennenswerten CO2-Einsparungen erreichen. Zumal der Ausstieg aus der Atomkraft erst einmal die fossile Verbrennung stark ansteigen läßt. Ob mit oder ohne Windkraft. Man sollte sich in der Klimapolitik rechtzeitig nach anderen Möglichkeiten umsehen.